Warum der demografische Wandel Deutschland zu überfordern droht
Deutschland war jahrzehntelang stolz auf seine „Soziale Marktwirtschaft“. Ein Konzept, das den wirtschaftlichen Wettbewerb fördert, ohne soziale Aspekte zu vernachlässigen. Die Antwort des großen Ludwig Erhard auf den angelsächsischen Kapitalismus – einen idealen Kapitalismus. Zumindest in der Theorie.
Die Wohlstandsgewinne einer Volkswirtschaft sollen nicht nur denen zugute kommen, die sie geschaffen haben, sondern können – aus welchen Gründen auch immer – nicht zum Wachstum der Volkswirtschaft beitragen. Zum Beispiel aufgrund von Krankheit oder Arbeitslosigkeit.
Ein möglichst dickes Sicherheitsnetz
Davon sollen alle profitieren, die in der Vergangenheit Beiträge geleistet haben und derzeit eine anspruchsberechtigte Rente genießen. Dank des Leistungssystems der gesetzlichen Rentenversicherung.
Der „Generationenvertrag“ sieht vor, dass Arbeitnehmer ihre Renten in der Gewissheit zahlen, dass die nächste Generation sie später ersetzen wird. Das war schon früher so. Aber wird es in Zukunft genauso sein?
Wer weiß? Die Gesellschaft altert, und das hat Folgen, insbesondere für die Rentenstruktur, etwa das Zahlungssystem. Mehr alte Menschen stehen weniger jungen Menschen gegenüber. Oder umgekehrt: Eine schrumpfende Zahl von Arbeitnehmern muss für die Renten einer wachsenden Zahl von Rentnern aufkommen.
Eine weitere Erhöhung der Beiträge zur Pensionskasse ist keine Option. Der Faktor Arbeit wird unbezahlbar.
Das „Proportionsverhältnis“ misst das Kräfteverhältnis zwischen den beiden Gruppen und damit die Robustheit des umlagefinanzierten Rentensystems. Im Jahr 1950 lag das Verhältnis nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bei 16, was bedeutet, dass auf 100 Personen im erwerbsfähigen Alter 16 im Rentenalter kamen. Heute beträgt der Altersabhängigkeitsquotient bereits 36, mehr als das Doppelte. Noch dramatischer werden die Zahlen, wenn wir für das Jahr 2060 vorhersagen: Deutschland wird seinen Abhängigkeitsgrad von 60 erreichen!
Auf lange Sicht wird die Jugend damit nicht zurechtkommen, insbesondere wenn Produktivitätssteigerungen die Alterung der Bevölkerung nicht kompensieren oder nicht ausreichen.
Löcher zu füllen ist nahezu unmöglich
Schon heute ist die Rentenversicherungspflicht eine riesige Subvention für den Staatsvater. Im Jahr 2023 musste der Bund mehr als 100 Milliarden Euro hinzufügen, gegenüber 84 Milliarden im Jahr 2022. Und es werden in Zukunft weitere Milliarden nötig sein, um die Lücken zu schließen. Es ist, als würde man Wasser von einem Boot holen, das Wasser aufnimmt.
Eine weitere Erhöhung der Beiträge zur Pensionskasse ist keine Option. Der Faktor Arbeit wird unbezahlbar. Sollte das Renteneintrittsalter weiter angehoben werden? Es ist eine nützliche Methode. Aber es besteht die Gefahr, dass es auf den Willen einer immer größer werdenden Wählerschaft der Zukunft stößt: der älteren Menschen.
Das Problem ist, dass Rente in Deutschland oft gleichbedeutend mit gesetzlicher Rente ist. Weitere „Säulen“, die betriebliche Altersvorsorge und die private Altersvorsorge, führen zu einer bedeutenden Präsenz. In der Vergangenheit ist es ihnen immer nicht gelungen, sich intelligent zu fördern und weiterzuentwickeln, weil der Glaube an die Sicherheit der (gesetzlichen) Renten immer noch weit verbreitet ist.
Eine weitere Kürzung der gesetzlichen Rentenansprüche ist daher keine Option. Millionen Menschen laufen Gefahr, in die Armut abzurutschen, was eine soziale Bedrohung für die Regierung darstellt.
Er steht vor einem Dilemma: Tatsächlich ist das deutsche Sozialsystem nicht mehr finanzierbar; Während ihr Anteil am Staatshaushalt zu Erhards Zeiten 15 Prozent betrug, sind es heute mehr als 60 Prozent!
An anderer Stelle fehlen die Mittel, um in Bildung oder (digitale) Infrastruktur zu investieren – Positionen, die auf lange Sicht für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit unerlässlich sind.
Deutschland lebt im Rahmen seiner Möglichkeiten. Eines Tages, in nicht allzu ferner Zukunft, wird es aufgebraucht sein. Na und?
In der Zwischenzeit diskutieren wir immer noch über die „Aktienrente“. Dies ist zweifellos ein Schritt in die richtige Richtung. Doch es war spät und die Summe, um die es ging, war im Vergleich zum Finanzbedarf der gesetzlichen Rentenkasse nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir brauchen mehr.
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