Deutschland, lange Zeit der Wirtschaftsmotor Europas, ist müde. Diese Schwäche dürfte gefährlich anhalten. Die größte Volkswirtschaft des Kontinents wird im Jahr 2023 voraussichtlich eine Rezession von 0,4 % verzeichnen, so die am Mittwoch, 21. Juni, veröffentlichten Prognosen des Münchner Wirtschaftsinstituts (Ifo). Zwei weitere renommierte Institute – das IfW in Kiel und das DIW in Berlin – gaben ähnliche Prognosen ab. Der erste geht für das laufende Jahr von einem Rückgang um 0,3 % aus, der zweite von 0,2 %.
Der erwartete Rückgang im Winter 2022 fällt also deutlicher aus als von Analysten erwartet. Da der mit dem Krieg in der Ukraine verbundene Energieschock die deutsche Industrie nicht in eine existenzielle Krise stürzte, erwarteten die Unternehmen eine kräftige Erholung. Es soll im Sommer 2023 in Betrieb gehen und die Auswirkungen der winterlichen Abschwächung ausgleichen. Diese Explosion wird nicht passieren. Die tatsächliche Erholung wird auf 2024 verschoben, aber das Wachstum dürfte erneut moderat ausfallen: nur 1,5 %, gegenüber den bisher erwarteten 1,7 %, schätzt das Ifo.
Deutschland leidet derzeit unter negativen Auswirkungen, was erklärt, warum es zu den roten Lichtern der OECD-Länder gehört. Aufgrund der Bedeutung der Branche für ihr BIP wurde sie stärker als andere von den hohen Energiepreisen getroffen. Es reagiert empfindlich auf die schwache Weltwirtschaft. Die hohe Inflation belastet den privaten Konsum, der weiterhin mit einer hohen Sparquote lebt. Die Staatsausgaben zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie sind stark zurückgegangen. Und der Bau eines sinnvollen Wachstumsrelais über den Rhein ist in den letzten Jahren unter den Auswirkungen steigender Zinsen gescheitert.
Alterung der Bevölkerung
Natürlich sind einige dieser Schwierigkeiten vorübergehender Natur. Die Inflationsbekämpfungspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) zeigt Wirkung: Unternehmen rechnen mit einem starken Rückgang der Preissteigerungen in Deutschland. Nach Angaben des Kieler Instituts dürfte die Inflation im Jahr 2023 auf 5,8 % steigen und im Jahr 2024 dank sinkender Energiepreise wieder auf 2,1 % zurückgehen, was sich positiv auf den Konsum auswirken dürfte. In diesem Umfeld könnte die EZB beschließen, die Zinserhöhung zu verlangsamen, was das Wachstum fördern würde.
Allerdings deuten mehrere Elemente darauf hin, dass die deutsche Maschine seit langem gelitten hat. Manche „Made in Germany“-Spezialitäten verbrauchen zu viel Energie, sind von der Gas- und Stromkrise bis ins Mark getroffen und haben zweifellos einen längeren Niedergang eingeleitet. „Wir hatten gehofft, dass niedrigere Energiepreise einen Teil der Produktion ins Land zurückbringen würden. Das passiert nicht. In der Chemie liegt die Produktion 25 % unter dem Vorkrisenniveau.“Unterstreicht Timo Vollmerschaser vom Ifo.
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